Wasserstandmessungen im Ems-Ästuar sind tatsächlich eine Herausforderung. Druckbasierte Systeme haben aufgrund der hohen Sedimentkonzentrationen in der Wassersäule, die vor allem im oberen Ästuar bis zu 200 Gramm und mehr pro Liter betragen können, Schwierigkeiten mit der Dichtebelastung. Fast alle Pegelstationen sind daher mit berührungslosen Radarsensoren ausgestattet. Allgemein gesprochen sind Ästuare flächenmäßig in der Regel sehr groß. Schlickflächen erfordern oft den Einsatz von eher leichter Ausrüstung für einen Messeinsatz. Große Entfernungen machen die mobile Kommunikation zu einem limitierenden Faktor, was zu Problemen bei der Übertragung von Daten in Echtzeit führt. Der autonome VEGAPULS Air Sensor meistert diese Bedingungen und sendet Daten im Versuch fast zu 100 % zuverlässig an den Webserver.
Die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes setzte die Radar-Füllstandsensoren, die ursprünglich zur Messung von Flüssigkeiten und Schüttgütern in IBC-Behältern entwickelt wurden, zur allgemeinen Wasserstandmessung ein. Ein Sensor nimmt dafür lediglich „so viel Platz wie eine Grapefruit“ ein und verfügt über die Fähigkeit, Daten entweder über LTE NB-IoT oder alternativ über freies LoRaWAN für Übertragungen mit großer Reichweite und geringem Stromverbrauch zu übertragen. Mit Batterien, die ca. 4 bis 5 Monate halten, kann der Wasserstand alle 15 Minuten an das VEGA Inventory System übertragen werden. Dort können beispielsweise Visualisierung, Download oder Konfiguration vorgenommen werden – auch unterwegs per App für IOS und Android.
Die einfache Montage der Sensoren stellte sich ebenfalls als Pluspunkt heraus. Die 80-GHz-Technologie ermöglicht genaue Oberflächenmessungen mit einem sehr schmalen Abstrahlwinkel, der Störungen durch Seitenechos begrenzt. Im nachfolgend dargestellten Projektbeispiel liegt der Messbereich zwischen 1 und 5 Metern mit einem Sensor in rechtwinkliger Position zur Oberfläche. Der VEGAPULS Air 42 hat sogar eine Reichweite von bis zu 30 Metern, was beispielsweise bei einer Sturmflut von Vorteil sein kann.
Ziel des Projekt ist es, Wasserstanddaten zur Vorbereitung der öko-hydraulischen Planung eines Fischpasses zu sammeln. Aufgrund der starken Tideasymmetrie in der Ems wurde das kleinstmögliche Messintervall von 15 Minuten genutzt. Die Hochwasserphase kommt hier schnell, d.h. innerhalb von ein bis zwei Minuten mit Wasserstandsunterschieden von einigen Dezimetern pro Minute. Die hochpräzise Sensormessung wird in einem Intervall von 7 Sekunden durchgeführt und zusammen mit der GPS-Zeitkoordinate gespeichert. Anstelle einer linearen Interpolation der nachfolgenden Messungen wird ein alternativer Ansatz gewählt, bei dem eine nahe gelegene Referenzstation verwendet wird, welche die Minutenwerte und die Korrelation zwischen dem Sensor und der Referenzstation erfasst. Diese Station ist vollständig redundant und misst jede Minute. Sie wird permanent überwacht und mit der Messtafel direkt an den Sensorpositionen kalibriert.
Es konnte hier nicht nur eine solide Datenbasis geschaffen werden, sondern auch die neuen und vielseitig einsetzbaren Sensoren für mögliche zukünftige Projekte getestet werden. Durch die schnelle Installation und Einrichtung konnte der Zeitraum des Niedrigwasserabflusses im Sommer 2022 sehr schnell und kostengünstig aufgezeichnet werden. Hätte man die Niedrigwasserperiode verpasst, hätte sich der Planungsprozess um ein Jahr verzögern und die Projektkosten sich dadurch stark erhöhen können.
Die Erwartungen wurden erfüllt und das Projekt hat einen bleibenden Eindruck der hochentwickelten und einfach anzuwendenden Messtechnik hinterlassen:
„Neben dem erstaunlichen Experiment, das wir mit diesem kleinen, aber beeindruckend gut konstruierten Instrument von VEGA hatten, lieferte es uns qualitativ hochwertige Daten und neue Einblicke in die Wasserstanddynamik um das Tidewehr. Darüber hinaus ergab sich eine interessante und konstruktive Zusammenarbeit zwischen Ingenieuren, Fisch- und Umweltexperten des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN).“, so Johann-Martin Krebs.